Samstag, 3. Mai 2025

Japan Teil 2 - unsere Pilgerreise und der Abschied aus Japan



Die drei heiligsten Schreine werden als Kumano Sanzan bezeichnet
und sind durch die Pilgerrouten des Kumano Kodo verbunden.
三大神聖な神社は熊野三山と呼ばれます熊野古道で結ばれています

Kumano Nachi-Taisha
熊野那智大社


Kumano-Hayatama-Taisha
熊野速玉大社

Kumano Hongū-Taisha
熊野本宮大社


Unsere Pilgerreise (geschrieben von Ines) 私たちの巡礼 (イネス著)

Wir hatten neben dem Familienbesuch noch ca. 4 Wochen Zeit in Japan eingeplant, damit wir das Land noch ein bisschen  auf eigene Faust erkunden könnten. Wir wollten Zouk in Tokio tanzen, den Fuji sehen (s. letzter Blog zu Japan)  und einen der vielen Pilgerwege, die es in Japan gibt, begehen. Leider lagen die drei heiligen Berge, die mich besonders angesprochen hatten, weit im Norden und waren für einen Besuch zu dieser Jahreszeit nicht geeignet. Bei einem Japanfest in Freiburg, das wir im Mai 2024 besucht hatten, wurde die Insel Shikoku vorgestellt. Wir erfuhren, dass es dort einen 1.150 km langen Pilgerweg mit insgesamt 88 Tempeln gibt. Wir beschlossen, ein Stück dieses Weges zu gehen...

Als wir dann von Kobe aus die Pilgerreise weiter vorbereiten wollten, recherchierte ich noch einmal neu, welche Wege es gibt. Ich hatte die Vorstellung, dass der Shinto-Glaube in Japan viel älter war als der Buddhismus und sah ihn deshalb als ursprünglicher und als sog. Naturreligion auch stärker mit dem Land verwoben an. Auf unserer Reise erfuhren wir jedoch , dass in Japan Shintoismus und Buddhismus über mehr als 1000 Jahre friedlich nebeneinander als Shinbutsushogu, einer Verschmelzung der beiden Glaubenssysteme, existierten. "Shinto-Götter", die Kami, galten als einheimische Manifestationen buddhistischer Gottheiten. Da wir dies noch nicht wussten, entschieden wir uns schließlich für den Kumano Kodo auf der Halbinsel Kii, welcher aus 7 Routen besteht und seit über 1000 Jahren begangen wird.
 

Kumano Kodo Pilgerweg - Übersichtskarte
熊野古道全体図
(Quelle: https://www.tb-kumano.jp/en/kumano-kodo/)

Anmerkung: Die Pilgerwege Kumano Kodo und Santiago de Compostella wurden im Jahr 1998 zu Partnerwegen des Jakobsweges, obwohl sie sich auf unterschiedliche Religionen beziehen. Beide haben ihren Ursprung im Mittelalter. 



Das Gebiet um Kumano war/ist ein Ort der Naturverehrung und erlebte im Mittelalter seine Blütezeit als heiligste Stätte Japans (Er wurde vom Ise-Schrein abgelöst, der noch heute diesen Titel trägt). Im Jahr 2004 wurden die traditionellen Wanderwege zusammen mit ihren heiligen Bergen zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Wir durften also den 20. Jahrestag mitfeiern. 

Die drei heiligsten Schreine werden als Kumano Sanzan bezeichnet und sind durch die Pilgerrouten des Kumano Kodo verbunden. Die Nakahechi-Route schien für uns am geeignetsten zu sein. Ich hatte davon gehört, dass es auch teilweise möglich ist, in Tempelunterkünften zu übernachten, am Morgengebet teilzunehmen und das traditionelle Essen der Mönche zu probieren. Leider sahen wir erst jetzt, dass wir uns hier die Übernachtungen im Voraus buchen mussten. Die Tempelunterkünfte mit authentischem Essen und Teilnahme am Gebet erwiesen sich als Luxusangebote, die alle mindestens 200 Euro pro Nacht kosten sollten.

Es entpuppte sich als größere Herausforderung, Unterkünfte in für uns zumutbaren Etappen zu bekommen, selbst wenn wir unser Budget ein wenig überziehen würden. Es half  alles nichts, wir drehten den Spieß gewissermaßen um und pilgerten entsprechend unserer Übernachtungsmöglichkeiten und überbrückten größere Lücken auch mal mit dem Bus. Einen Teil unseres Gepäcks (z. B. auch das Handpan) konnten wir bei Arvid lassen und uns so mit (relativ) leichtem Gepäck auf den Weg machen.



Unsere Route mit markierter 1. Etappe
最初のステージがマークされた私たちのルート

Exkurs Kami カミ

Der Begriff "Kami" bezeichnet die im Shinto verehrten Geister oder Gottheiten. Das Konzept Kami kann u. a. auf Naturgeister, Gespenster und die Seelen Verstorbener angewandt werden. Eine adäquate Übersetzung ins Deutsche ist daher nicht möglich. Am besten trifft wohl noch heute die Definition des Gelehrten Motoori Norinaga aus dem 18. Jahrhundert zu: 

"[...] Allgemein bezieht sich das Wort "Kami" in erster Linie auf die verschiedenen Kami des Himmels und der Erde in den japanischen Klassikern und die Geister [mitama], die in ihren Schreinen eingeschreint sind, und unnötig zu sagen, daß es sich auch auf Menschen bezieht, sogar auf Vögel und Tiere, Gras und Bäume, Meere und Berge - und alles sonst, was überragende und außergewöhnliche Macht besitzt und Ehrfurcht auslöst [...]"

Auf der Nakahechi-Route 中辺路ルートにて

Wir starteten unsere Wanderung in Takijiri Oji und legten bis Chikatsuyu Oji gleich mal reichlich 13 Kilometer plus ordentlich Höhenmeter zurück. Der Weg war wunderschön und  wir kamen an vielen kleinen Schreinen vorbei. Durch die ungewohnte Anstrengung ließ mich dann allerdings kurz vor dem Ziel mein Kreislauf im Stich (Ich hatte wohl auch zu wenig gegessen). Dank eines Raw Bite Riegels, den ich unterwegs gekauft hatte, konnte ich mich aber wieder aufbauen und wir kamen kurz vor Einbruch der Dunkelheit in unserer ersten Unterkunft an.Wir bekamen ein fantastisches traditionell japanisches Abendessen inklusive Sake und Pflaumenwein und lernten andere Pilgerer kennen. Erschöpft fielen wir direkt nach dem Essen auf unsere Matten und schliefen ein.


Startpunkt der Nakahechi-Pilgerroute in Takijiri Oji
滝尻王子の中辺路参道の起点

Auf geht's
さあ行こう

Eine schöne Aussicht
美しい景色

Kleine Schreine entlang des Pilgerpfades
遍路道沿いにある小さな神社

Erste Unterkunft in Chikatsuyu Oji
近湯王子での初宿泊

Für den folgenden Tag hatten wir im selben Ort eine Hütte auf dem Zeltplatz gebucht und gingen daher auf dem Pilgerweg nach Tsugizakura Oji und wieder zurück. Es war schön, Zeit zu haben und wir genossen die Ruhe an einem wundervollen Tempel (Tsugizakura-Oji 継桜王子) mit einer darunterliegenden Quelle (Nonaka no Shimizu 野中の清水)  . Die spirituelle Kraft dieses Ortes erfüllte uns und wir kehrten gestärkt und erholt zurück. Auf der Brücke im Ort begegnete uns der Kappa. Der Kappa (japanisch: Fluss-Kind) ist ein japanisches Fabelwesen, welches im Wasser lebt und auch den Kami zugerechnet wird (s. o. ). Es trägt sowohl menschliche als auch die Züge verschiedener Tiere. Am größten ist die Ähnlichkeit mit der Chinesischen Weichschildkröte. Der Legende nach, tauchte hier im Fluss vor langer Zeit einer auf. Ah, das ist also die "Schildkröte" Kappa in Marios Welt.
Den Abend ließen wir bei einem heißen Bad im zeltplatzeigenen Onsen ausklingen.

Tsugizakura-Oji 
継桜王子

Quelle Nonaka no Shimizu 
(野中の清水)

Mächtige Bäume führten zum Tempel Tsugizakura-Oji
雄大な木々が次桜王子へと続いています

Der Kappa
カッパ

Am Tag Nummer 3 der Pilgerreise fuhren wir mit dem Bus bis zum Yunomine Onsen, badeten dort unsere Füße im heißen Schwefelwasser, kochten uns ein Ei und wanderten dann zum Kumano-Hongu-Taisha. Dieser gilt als Hauptschrein von über 3000 Kumano-Schreinen in ganz Japan. Er soll im 1. Jh. v. C. erbaut worden sein, schriftlich belegt ist er für das Jahr 859 nach Christi. Ursprünglich stand er auf einer Sandbank am Zusammenfluss  der Flüsse Kumano, Otonashi und Iwata. Durch eine Flut im Jahr 1889 wurde er jedoch so stark beschädigt, dass er im Jahr 1891 am jetzigen Standort wieder aufgebaut wurde. Der Eingang zum früheren Tempelareal wird von einem im Jahr 2000 errichteten, über 30 Meter hohen Otorii markiert. Der Tempel wirkt trotz des Neuaufbaus altehrwürdig.  Hier werden verschiedene Kami verehrt, z. B. die uns als Sonnengöttin bekannte Amaterasu. Am "Souvenierschalter" fand ich Glücksbringer und zog einen goldenen Buddhakopf. Dieser steht für Glück und Familiensicherheit. Das passte, ich packte ihn gleich in mein Geldtäschchen. 

Ines kocht ein Ei im heißen Schwefelwasser
イネスは硫黄のお湯で卵を茹でる

Ein weiteres Highlight war dann das heiße Bad im Kawayu-Onsen draußen am Fluss. Ein bissel Überwindung kostete es schon, die warmen Sachen abzulegen, aber erstmal drin, genossen wir es sehr.

Kawayu-Onsen
川湯温泉


Der Eingang zum früheren Tempelareal wird von einem im Jahr 2000 errichteten, 
über 30 Meter hohen Otorii markiert
旧寺域への入り口は、2000 年に建てられた高さ 30 メートルを超える大鳥居が目印です

Karte des ursprünglichen Tempelareals am Fluss 
川沿いの元の寺院エリアの地図

Kumano-Hongu-Taisha
熊野本宮大社

Am folgenden Tag machten wir uns auf den Weg zum Kumano-Nachi-Taisha, welcher direkt am gleichnamigen Wasserfall gelegen ist. Obwohl die Pagode gerade restauriert wurde, waren wir von dem gesamten Komplex sehr beeindruckt. Trotz sehr vieler Touristen war die Kraft dieses Ortes spürbar. Besonders ergriffen war ich vom Saiganto-Ji Tempel. Er wurde im 5. Jh. gegründet. Er ist auch die erste heilige Stätte des Saigoku, einer Pilgerreise zu 33 Kannons. Kannon (chinesisch Guanyin), die Göttin der Barmherzigkeit, spielt eine wichtige Rolle im japanischen Buddhismus und ist ein Symbol für Mitgefühl, Weisheit und unermüdliche Hilfe. Sie sollte uns noch oft begegnen. Ein besonderes Erlebnis war es, dass an einem Gebet mit Feuerritual dabei sein konnten. 

Pagode (wurde gerade restauriert) und Wasserfall (rechts im Hintergrund)
塔(修復されたばかり)と滝(右奥)

So wird es im Frühling aussehen (Hier: Posterbild), wenn die Pagode wieder restauriert ist
春に塔が再び修復されると、このようになります(こちら:ポスター画像)

Nachi-Taisha Wasserfall
那智大社の滝

Selfi

Seiganto-Ji Tempel
青岸渡寺

Video: Gebet mit Feuerritual
ビデオ: 火の儀式による祈り

Ausblick
見通し

Tempelanlage
寺院群

traditionelle Gewänder
伝統的なローブ

Die traditionelle Kleidung konnte ausgeliehen werden 
und es gab auch die dazugehörigen Toiletten
伝統衣装のレンタルも可能 
付属のトイレもありました

Am fünften Tag schlossen wir die Nakahechi-Route mit dem letzten der 3 Hauptschreine, dem Kumano-Hayatama-Taisha, ab. Er befindet sich an der Mündung des Flusses Kumano-gawa in den Pazifischen Ozean. Die Natur im und um den Schrein ist ebenfalls Bestandteil der Verehrung. So werden z. B. ein 800-jähriger Nagi-no-Ki-Baum (Podocarpus nagi) sowie der Felsen Gotobiki-iwa auf halber Höhe des Gongen Berges als Gottheiten gesehen. Am Schrein entdeckte ich Glückskatzen mit dazugehöriger Erklärung und war fasziniert von der Idee, vielleicht eine Katze für Geschäftsglück zu ergattern. Es spielen sowohl die Farbe der Katze (bzw. ihrer Accessoires), als auch die Seite der Winkehand eine Rolle. Ich wählte zufällig und bekam eine weiße Glückskatze mit rechter Winkehand, gelbem Halsband und rotem Oberteil. Sie steht demnach wohl für allgemeines Glück, Wohlstand und Mut. Seither ist sie beim Buddhakopf und die Beiden unterstützen mich auf der Reise. Wir wanderten vom Hauptschrein über den heiligen Berg zum Felsen und erfreuten uns dabei wunderbarer Wege und Ausblicke auf den Fluss, dabei waren wir nahezu alleine unterwegs (Der Weg war auch nicht sehr gut ausgeschildert, wir waren froh, überhaupt den Einstieg gefunden zu haben.).  Der Aufstieg zum Felsen führte über Stufen, die teilweise über kniehoch waren. Wir waren froh, als wir es geschafft hatten. Am Felsen steht der Kamikura-Schrein. Einer Legende nach sollen hier die Götter des Kumano zum ersten mal auf die Erde herabgestiegen sein.

Blick auf den Pazifik aus unserer Unterkunft
宿泊施設からの太平洋の眺め

Kumano-Hayatama-Taisha
熊野速玉大社

Kumano-Hayatama-Taisha
熊野速玉大社

800-jähriger heiliger Nagi-no-Ki-Baum (Podocarpus nagi)
樹齢800年の御神木「梛の木」

Wanderweg zum heiligen Felsen Gotobiki-iwa
über den Berg Chihogamine (Berg Gongen)
霊岩ゴトビキ岩へのハイキングコース
千穂ヶ峰(権現山)越え


Wanderung
ハイキング

Ausblicke
ビュー

Der Weg wurde zwischenzeitlich etwas anspruchsvoller, 
teilweise dachten wir, er geht nicht mehr weiter 
道は時々少し厳しくなりましたが、 
時々私たちはこれ以上は進まないと思った

  

Der heilige Felsen Gotobiki-iwa
霊岩ゴトビキ岩

Der offizielle Weg von Chiho zum heiligen Felsen
(wir kamen ja über den Berg) war mit seinen Stufen ebenfalls anspruchsvoll
千穂から霊岩までの正規ルート
(山を越えてきました)その階段も大変でした

Ausblick vom Kamikura-Shrein
神倉神社からの眺め

An der Küste entlang nach Wakayama 海沿いを和歌山方面へ


Auch die Küstenlinie zwischen Shingu und Tanabe ist Teil des Kumano-Pilgerweges, ist aber bei Weitem nicht so gut ausgebaut wie die Nakahechi-Route. Auf dem Weg nach Wakayama machten wir zumindest  noch einen Abstecher zum Sandanbeki-Cliff inklusive Höhle und zum Sonjojiki-Plateau. Es war traumhaft. 

Senjojiki Rock Plateau
千畳敷

Sandanbeki-Cliff  und Sandanbeki-(Piraten-)Höhle

Quelle in der Sandanbeki-Höhle

Senjojiki Rock Plateau
千畳敷

Sandanbeki-(Piraten-)Höhle


Tempel in der Sandanbeki-Höhle


In Wakayama verbrachten wir einen Vormittag im Nishinimaru-Garten. Es handelt sich um einen Feudalherrengarten aus der frühen Edo-Zeit, der sich auf dem Gelände der Burg befindet. Wir schlenderten ein wenig durch den Garten bevor Ralf die Burg besuchte und ich noch zum Kunstmuseum ging. 

Burg Wakayama
和歌山城

Nishinimaru-Garten mit historischer Brücke
歴史ある橋のある西二丸庭園

Nishinimaru-Garten 
西に丸庭園

Wir besuchten von Wakayama aus noch den Kimiidera-Tempel, den zweiten Tempel des Saigoku-Pilgerweges (s. o.). Hier gibt es eine elfköpfige Kannon. Auf dem Gelände befinden sich 3 Quellen. Ein geradezu lieblicher Ort, was zur Kirschblüte sicher noch verstärkt wird.

Kimii-dera
紀三井寺

elfköpfige Kannon
十一面観音

Unsere Route führte uns weiter nach Hashimoto, von wo aus wir den heiligen "Berg" (eigentlich sind es mehrere) Koyasan besuchten. Ich weiß nicht, ob es an meinen hohen Erwartungen, am Wetter - es nieselte teilweise und war sehr kalt - oder an den Touristen lag, aber ich fand keinen Zugang zu diesem Berg, obwohl die kleine Wanderung zum Tempelbezirk sehr schön war. Wir bestaunten die alten Tempel und Pagoden und erfuhren, dass Frauen bis vor ca. 150 Jahren noch eigene Hallen am Rand des Areals hatten, da sie nicht ins Innere durften. Wir fühlten uns jedoch spirituell nicht sonderlich ergriffen...

Wanderung nach Koyasan
高野山へハイキング

Restaurierte Pagode in Koyasan
高野山の五重塔を復元

Alte Pagode in Koyasan (aus dem Jahr 887)
高野山の古塔(887年建立)

Tempelanlage Koyasan (ja auf dem Dach liegt Schnee)
高野山寺院(屋根に雪が積もっています

Historische Karte mit einer Übersicht der Tempel in Koyasan
高野山の寺院を概観した歴史地図

Danach ging es dann schon wieder nach Kyoto und Osaka. Wir erfreuten uns auf unseren kleinen Wanderungen zu weiteren Tempeln und zum Minoh-Wasserfall an einer wunderschönen Herbstfärbung und genossen unsere Zeit zu zweit, bevor es dann noch einmal zurück zu Arvids Familie ging, um Koffer und Pakete zu packen und Abschied zu nehmen.

Herbstfärbung auf dem Weg zum Minho-Wasserfall
ミンホ滝に向かう途中の紅葉

Minho-Wasserfall
ミンホ滝

Wir waren an dem Tag nicht alleine...
あの日、僕らは一人じゃなかった…

Ryuan-ji-Tempel auf dem Weg zum Wasserfall
瀧安寺

Abendessen mit der Mama und Farewell-Christmas-Party お母さんとの夕食とお別れクリスマスパーティー

Die Mutter von Yuka, Mayumi, hatte ein Abschiedsessen für uns geplant. Es gab einen Feuertopf. "Shabu Shabu" ist ein beliebtes japanisches Feuertopf-Gericht und wird traditionell während der Feiertage in geselliger Runde zubereitet. Dieses Gericht, das auch als "japanisches Fondue" bekannt ist, wird am Tisch mit einer heißen Dashi-Brühe, frischen Zutaten und verschiedenen Saucen serviert. Für eine authentische Erfahrung benötigt man einen kleinen Tischgasherd, einen Tontopf und frisches Gemüse wie Chinakohl, Frühlingszwiebeln sowie dünn geschnittenes Fleisch wie Rind- oder Schweinefleisch. Auch Tofu und verschiedene Saucen, wie Ponzu, sind essenzielle Bestandteile. 

Es hat uns sehr gut geschmeckt und es wurde ein schöner Abend.

Mayumi hatte zum Abschied ein Shabu Shabu (einen Feuertopf) vorbereitet
真由美は別れを告げるためにしゃぶしゃぶ(火鍋)を用意していた

Bevor wir Japan verließen, gab es noch eine große Farewell-Abschiedsparty mit der ganzen Familie in Shiga bei Keisuke und Nasuki. Es gab leckeres Essen, jeder hatte ein Wichtelpaket dabei und Ines und ich wurden von Ediko, der Mutter von Keisuke, in die Kunst der Matcha-Tee-Zubereitung eingeführt. Es war unglaublich, wie geschickt Ediko den Matcha-Tee mittels eines kleinen Bambus-Besens zum Schäumen brachte. Ines und ich bemühten uns nach Kräften, aber nach kurzer Zeit verließ uns selbige und der Matcha-Tee konnte nicht zum Schäumen gebracht werden. Zum Ausgleich hielt ich einen spontan-Vortrag über unsere bisherige Reise, teilweise in Original-Outfits.

Weihnachts-Party, es gab viele Pakete von Wichteln
クリスマスパーティー、シークレットサンタさんからの荷物がたくさん届きました

Ediko führt Ines und mich in die Kunst der Zubereitung des Matcha-Tees ein
エディコがイネスと私に抹茶の淹れ方を紹介してくれる

Ralf bemühte sich nach Kräften, brachte den Mathcha-Tee aber nicht zum schäumen
ラルフは最善を尽くしましたが、抹茶を泡立てることができませんでした


Ralf hält einen Bilder-Vortrag über die bisherige Reise (von Ungarn über die Türkei und Bali bis Japan)
ラルフがこれまでの旅(ハンガリーからトルコ、バリから日本まで)を写真でプレゼンテーション

Abschiedsfoto
お別れの写真


Abschließende Gedanken zu Japan 日本についての最終的な考え

Durch den Besuch bei der Familie haben wir Japan aus zwei verschiedenen Perspektiven kennenlernen dürfen, wir konnten sowohl ein wenig "Alltag" erleben, als auch touristisch unterwegs sein. 

Zunächst einmal war Japan nach Bali für uns angenehm geordnet und sauber, wir fühlten uns auch sehr sicher (wobei Bali sich in keiner Weise bedrohlich angefühlt hat) und waren froh, nicht ständig bedrängt zu werden, etwas zu kaufen. Ebenfalls sehr angenehm war, dass überall saubere öffentliche Toiletten zur Verfügung standen sowie Getränkeautomaten mit kalten und sogar heißen Getränken.

Alltag
日常 

Die hochtechnisierten Toiletten sind weltweit wohl bekannt. Interessant war für uns das Badezimmer an sich. Es handelt sich dabei meistens um eine Kabine mit Badewanne und Dusche. Die Badewanne kann beheizt werden, sadass das Wasser nicht auskühlt, was notwendig ist, da es offenbar üblich ist, dass alle Familienmitglieder das gleiche Wasser nutzen. Aus diesem Grund erfolgt vor dem Bad eine gründliche Reinigung. Hierbei steht man nicht unter der Dusche, sondern sitzt zum Duschen auf einem kleinen Hocker. In Arvids Wohnung war die Badkabine zusätzlich mit einer Trockenfunktion ausgestattet, sodass über der Badewanne aufgehängte Wäsche binnen 3 Stunden trocken war. Uns ist auch aufgefallen, dass die Wäsche sehr häufig gewaschen wurde, Handtücher z. B. nach jeder Benutzung. Das Alles ist kein Problem, da Strom in Japan billig ist. 

Uns haben die kleinen, stabilen Fahrräder, oft mit ein oder zwei Kindersitzen, die häufig eine kleine Überdachung hatten, sehr gut gefallen. Dank der Aufbockständer war es sogar möglich, die Fahrräder mit Kind abzustellen, ohne dass sie umfallen.

Es gab überall Fahrräder mit zwei Kindersitzen, teilweise überdacht
いたるところにチャイルドシートを 2 つ備えた自転車があり、そのうちのいくつかはカバーされていました


Im öffentlichen Raum ist in Japan kaum Müll zu sehen. Andererseits sind auch so gut wie keine öffentlichen Mülleimer vorhanden. Was uns dagegen sehr überrascht hat, war der unglaubliche Berg von Müll, der täglich überall erzeugt wurde. Es gibt verschiedene Läden (wie z. B. den Seven Eleven), in denen  fast ausschließlich Fastfood - Sandwiches, Onigiri, Würstchen, Kuchen, Salate....), Süßigkeiten und Getränke angeboten werden.  Getränke werden überwiegend in Dosen und Plastikflaschen verkauft. Ein Pfandsystem gibt es nicht. Allerdings werden die PET Flaschen getrennt über den Hausmüll entsorgt und zu über 90 % recycelt, wohl auch zu neuen Flaschen. 
Fastfoodketten sind neben den traditionellen japanischen Restaurants allgegenwärtig. Im Haushalt werden, soweit wir es mitbekommen haben, sehr viele Einmaltücher verwendet, auch zum Boden- oder Tischabwischen. Für mich (Ines) war das ein ziemlicher Schock. Ich hätte mir das vorher nicht vorstellen können.

Ein bißchen enttäuscht war ich auch von der "Alltagsarchitektur", die uns immer wieder begegnet ist. Schön gestaltete Hausgärten oder auch nur bepflanzte Balkone gab es selten. Umso beeindruckender war es dann für uns, ein traditionelles Holzhaus mit "japanischem" Garten zu sehen.

schöne traditionelle Architektur inklusive Garten


traditionelle Bauweise in Kyoto



typische moderne Architektur, oft wird auch Kunststoff verwendet



Soziales
社交

In Asien allgemein und besonders in Japan  sind die Menschen sehr höflich im Umgang miteinander, vor allem im öffentlichen Raum. Es wird möglichst vermieden, laute Geräusche zu machen. Beim Lachen hält man sich z. B. die Hand vor den Mund, um dem Gegenüber nicht den Rachen zu zeigen. So fällt es oft schwer, lauthals zu lachen...

Als Begrüßung gilt eine Verbeugung voreinander. An der Tiefe der Verbeugung erkennt man den Status der Personen. Je tiefer man sich verbeugt, desto mehr Respekt bekundet man. Schwierig war es für uns, bei der Verabschiedung. Man verbeugt sich, das Gegenüber ebenso und es gibt keine richtige Konvention (jedenfalls haben wir keine herausbekommen) nach wie vielen Verbeugungen denn nun Schluss ist ;-). 

Ausländern gegenüber ist man allerdings sehr nachsichtig, was die sozialen Konventionen betrifft.  Sie werden allgemein als Gaijin bezeichnet. Gaijin 外人ist ein japanisches Wort für Ausländer und nicht-japanische Staatsbürger in Japan. Das Wort besteht aus zwei Kanji: gai 外, draußen und jin 人, Person. "Langnase" ist ein abfälliges Wort für Europäer, vergleichbar mit dem Wort "Schlitzauge" der Europäer für Asiaten. 
 
Im Allgemeinen kommt man sich als Europäer schon ziemlich fremd  in Japan vor. Vieles ist geregelt, zum Beispiel das Anstellen beim Zug, man muss nur wissen, hinter welcher Linie oder in welchem Bereich man sich anstellen muss. Drängeln gibt es nicht. Außer im Bus. Da heißt es nämlich hinten Ein- und vorne Aussteigen. Also ist es unumgänglich, sich nach vorne durchzudrängeln, auch wenn der Bus sehr voll ist. Es wird auch erst vom Platz aufgestanden, wenn der Bus steht.

Wir wurden einmal gefragt, welche Verhaltensweisen für Japaner in Deutschland problematisch seien, spontan konnten wir nichts benennen. Nach einigem Nachdenken fiel uns aber auf, dass es in Japan, wie auch in anderen asiatischen Ländern nicht gern gesehen wird, wenn man sich die Nase schnäuzt. Die Nase in der Öffentlichkeit oder gar während der Mahlzeit laut zu putzen, gilt als unhöflich. Man sollte in diesem Fall ein ruhiges Örtchen aufsuchen oder dezent die Nase hochziehen. Letzteres erlebten wir in Japan und in anderen asiatischen Ländern sehr oft und überall, was uns nun wieder in unserem Empfinden die Nase rümpfen lies ;-)

Auch ist es fast unmöglich, eine Nudelsuppe mit Stäbchen zu essen, ohne zu schlürfen. In Japan zeigt ein lautes Schlürfen, dass es sehr gut schmeckt, während uns bereits als Kindern beigebracht wird, dies bei Tisch zu unterlassen.

Die Arbeit hat einen hohen Status in Japan, bestimmt noch mehr als in Deutschland. So gehört es zum guten Ton, länger zu arbeiten und in der Bahn erschöpft zu schlafen. Da man sich sowieso nicht in der Bahn oder dem Bus unterhalten sollte, ist Schlaf das Beste was man tun kann, ob man sich nun kennt oder nicht, oder ob man sitzt oder steht.


Schlafen in der Bahn nach einem langen Arbeitstag
oder einem anstrengenden Tag in der Schule gehört zum Alltag
仕事で長い一日を過ごした後、電車の中で寝る 
または、学校でストレスの多い一日を過ごすのは良いことだと考えられています

Man sieht an Baustellen auch oft alte Männer im Rentenalter, die aufpassen, dass man sich nicht verletzt oder den Verkehr behindert. 

Vieles ist in Japan einfach gut durchdacht und bequem. So kann man sich z. B. überall Regenschirme ausleihen, wenn es spontan anfängt zu regnen.  Es gibt vor einigen Geschäften auch Trockengeräte für Regenschirme.

Schwierig war es für uns, zu entscheiden, welche Seite der Rolltreppe man freihält. Mal standen die Leute links, mal rechts. Arvid klärte uns auf:  Bis Osaka hält man die linke Seite frei, nach Osaka die rechte Seite... In Osaka selbst war es dann etwas kompliziert ;-)

Insgesamt gibt es sehr viele Regeln und Verhaltensweisen, die wir sicherlich nicht alle beachtet haben, aber Ausländern (Langnasen) sieht man Einiges nach.  

Natur - heilige Orte - Tempel
自然 - 聖地 - 寺院

Ryōzen Kannon Temple
霊山観世音菩薩


Während es in den Metropolen eher laut und geschäftig war, fanden wir immer wieder, insbesondere während unserer Pilgerreise, Ruhe und Entspannung - ich möchte sogar sagen Heilung - in der Natur.  Es ist großartig, wie besondere Orte bis heute in Schreinen und Tempeln verehrt werden.  Es war wundervoll, Berge, (heiße) Quellen, Strände und Wasserfälle zu erleben (siehe vor allem den Beitrag zur Pilgerreise).

Bei der Gestaltung  japanischer Gärten wird nichts dem Zufall überlassen. Jeder Weg, jeder Wasserlauf, jeder Zweig ist wohl geplant und durchdacht und dient der Entspannung und der Meditation.   


Momijidani Teien Garden / Wakayama
紅葉渓庭園 / 和歌山








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