Samstag, 27. Juli 2024

Das Donaudelta

Die Donauquelle (Oktober 2023) und das Donaudelta (Juli 2024)

Wo alles begann: Die Donauquelle in Donaueschingen im Oktober 2023

Die symbolische Donauquelle in Donaueschingen im Oktober 2023

Ein langer Weg für einen Fluss. Er durchfließt bzw. berührt dabei zehn Länder: Deutschland, Österreich, Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Bulgarien, Rumänien, Republik Moldau und die Ukraine

Eigentlich beginnt die Donau hier. Merke: „Brigach und Breg bringen die Donau zuweg.“ 

Nach allgemeiner Auffassung entsteht die Donau ein wenig östlich des Zentrums von Donaueschingen durch den Zusammenfluss der zwei Quellflüsse Brigach und Breg. Als Donauquelle werden jedoch auch mindestens zwei echte Quellen bezeichnet; symbolisch die des Donaubachs in Donaueschingen (s. Foto oben) und hydrologisch die des größeren Quellflusses Breg an der Martinsquelle bei Furtwangen (Quelle: Wikipedia). 

Wie dem auch sei, die Idee war im Oktober 2023 geboren, auf unserer Reise auch das Donaudelta anzuschauen.

Wir hatten ja schon mehrmals vom Donauufer berichtet, nun wollten wir die Donau bis zu ihrer Mündung in das Schwarze Meer verfolgen. Hierzu mussten wir erst einmal nach Tulcea fahren (s. letzter Blog). Wir mieteten uns in einer kleinen Pension "Casa Trandafirilor" (Haus der Rosen) ein, deren supernette Gastgeberin  uns auch ein Unternehmen für die Exkursion ans Herz legte. Dieses sei das Beste: Der Fahrer kann Englisch, er fährt nicht betrunken, er sei ein Good Guy. 

Uns war von Anfang an klar, dass wir uns diesmal einer geführten Exkursion anschließen müssen, um das Donaudelta zu erkunden, also buchten wir das Allinklusive Paket: Fahrt durch das Delta bis an die Mündung, Mittagessen bei einem Fischer und obendrauf noch Wildpferde, bzw. verwilderte Pferde. Die Fahrt dauert 9 bis 10 Stunden und kostet pro Person 80 Euro.

Mit diesem Boot waren wir unterwegs

Das war unsere Tour (192 km im Boot und wenige km im Safari-Auto)

Um es vorweg zu nehmen, wir waren begeistert. Ich wusste zum Beispiel noch nicht, dass es hier Pelikane gibt. Davon sogar zwei Arten (den "gewöhnlichen" weißen Pelikan und den lustig anzuschauenden Krauskopfpelikan), von denen wir aber nur den "gewöhnlichen" gesehen hatten, davon aber sehr viele und teilweise sehr nah. 

Drei weiße Pelikane, im Vordergrund eine Möwe, 
links sitzend eine Weißbart-Seeschwalbe und rechts wegfliegend eine Ente.

Auf Grund des lauten Motorbootes und der schnellen Fahrt haben wir natürlich nur die großen Vögel und botanischen Besonderheiten zu sehen bekommen (Pelikane, Kormorane, Schwäne, Seeschwalben, Graureiher, Seidenreiher, einen Eisvogel, Taucher und Enten aller Art und sogar ein Seeadler von der Ferne. Gelbe Seerosen, weiße Seerosen und ganz viel Schilf). Mit dem Handy aus einem fahrenden Boot schafft man es nicht immer, einen guten Schnappschuss zu bekommen, daher folgend einige gelungene Impressionen:

Seidenreiher

Graureiher

Auf der Exkursion zu den Wildpferden, bzw. verwilderten Pferden, hat dann aber eine Vogelart "den Vogel abgeschossen": Ein auffällig blau schimmernder großer Vogel, der auf den Stromleitungen saß und den wir immer wieder sahen. Die Blauracke kommt zwar auch in Deutschland vor (stark rückläufig), aber gesehen habe ich sie dort noch nie. Dafür hier:

Die Blauracke (Mandelkrähe)

Weiße Seerosen

Gelbe Seerosen

Das Schilf, so konnten wir lesen, wird im November geschnitten und bis nach Deutschland exportiert, von dem dann Reetdächer (Schilfdächer) gedeckt werden. Schilf wird aber auch  zur Erzeugung von Pappe, Wellkarton und Papier verwendet. 

Ansonsten haben wir viele Angler gesehen und auch wenige Paddler. 

Mit dem Boot fuhren wir in immer kleinere Kanäle, machten auf kleineren Seen ein paar Minuten halt und genossen die vielen Vögel. Es war ein großes Erlebnis. Die Tour war sehr gut gut aufgebaut: Erst wurde man mit Highlights an Pflanzen- und Tierwelt regelrecht überschüttet, es folgte eine kurze Stille auf einem kleinen See (The Sound of Donaudelta). 



The Sound of Donaudelta

Am Nachmittag verließen wir das Boot und konnten auf einer "Safarie" Wildpferde bzw. verwilderte Pferde, beobachten. 

Auf der Fahrt durch das Dorf Letea fiel uns auf, dass viele Häuser leer standen und teilweise zusammen fielen. Das war es auch, was uns die Leute erzählten, die jungen Leute ziehen in die Stadt oder in das Ausland. Wer möchte es Ihnen verdenken? Der Guide, der unsere Gruppe durch den Letea-Wald geführt hat, war auf jeden Fall jung, geschätzt Mitte 25.

Immer mehr verlassene Häuser


Der Letea -Wald

Der Wald Letea (rumänisch Pădurea Letea) ist der am nördlichsten gelegene subtropische Wald Europas und das älteste Naturreservat in Rumänien. Teile des insgesamt 5000 Hektar großen Waldes stehen seit 1930 unter Naturschutz.  Er ist aus Waldstreifen gebildet, die sich zwischen den Sanddünen entwickelt haben und die von den Einheimischen „Hașmacuri“ genannt werden. Im Waldgebiet Letea gibt es 500 Pflanzen- und mehr als 3.000 Tierarten (davon sind mehr als 2.000 Insekten). 

Imposante Bäume wie mehrere hundert Jahre alte Eichen bieten ideale Lebensbedingungen für z.B. den Wiedehopf (haben wir gesehen!), aber auch für Wildkatzen und viele andere Tiere (Quelle:


Das Highlight waren aber die Wildpferde, bzw. verwilderten Pferde. Historische Dokumente belegen, dass die Vorfahren der heutigen Pferdepopulation vor 300 bis 400 Jahren durch die Tataren in den Norden des Donaudeltas kamen und dort heimisch wurden. Hinzu kommen Pferde, die nach Zusammenbruch der LPGs in das Gebiet entlassen wurden, sowie ausgebüxte Pferde, die ins Flussdelta zum Grasen gebracht wurden. Alles in Allem leben im Letea Wald wohl 2000 wilde, verwilderte Pferde. Naturschützer fürchten, dass sie die Flora zerstören, Wissenschaftler haben entdeckt, dass sich eigene Arten herausgebildet haben, die es zu schützen gilt. Ein Dilemma. Wir, auf jeden Fall, konnten auf einer "Safarie" diese Pferde und Teile des Waldes nun von ganz Nahem bewundern.

Mit einem solchen Bus waren wir auf Safari

Wir sahen die Wildpferde zunächst von Weitem

und kurz darauf im Wald von ganz nah

Subtropisch war es an diesem Tag nicht, eher Dürre und Steppe, aber bei der Anfahrt hatten wir vom Boot aus auch schon einmal mangrovenähnliche Wurzelstrukturen gesehen, die darauf hindeuten, dass hier auch mal mehr Wasser geflossen ist. Allerdings muss dies schon länger her sein. 

Danach gab es in dem kleinen Dorf ein super leckeres 4 Gänge  Menü: gemischte Fischplatte mit Kartoffeln, Suppe, gebratener Fisch mit Polenta und zum Abschluss eine Art Krapfen. Wir "rollten uns" anschließend zurück zum Boot.

Die Donaumündung

Bei Tulcea verteilt sich das Wasser der Donau auf die drei großen Stromarme Kilija im Norden (ca. 60 Prozent), St. Georg im Süden (ca. 30 Prozent) sowie Sulina in der Mitte (ca. 10 Prozent).

Die Schwebstoffe/Sedimente aus der Donau führen zu einer Vorlagerung des Landes. Am stark sedimentierenden Kilija-Arm wird die Küstenlinie immer weiter vorgeschoben, gegenwärtig um vier bis fünf Meter pro Jahr (Quelle: https://diercke.de/content/donaum%C3%BCndung-deltak%C3%BCste-978-3-14-100800-5-90-3-1.)

Zur Sicherung der Schiffspassage des Sulinaarmes wurden Betonmauern bis weit in das Meer gezogen, wodurch die Schwebstoffe hinausgeführt werden und für den Küstenaufbau nicht mehr zur Verfügung stehen. Es gibt einen alten Leuchtturm, der in der ehemaligen Mündung steht.  Vom Leuchtturm bis zur heutigen Mündig der Schiffspassage sind es 7,5 km.

alter Leuchtturm als einer von drei Sehenswürdigkeiten  in Sulina
(die anderen beiden sind der Friedhof und der Strand)

Wir fuhren auf dem Sulinaarm ins Schwarze Meer. Der Augenblick, als wir über die km-lange Schiffsspassage das Schwarze Meer erreichten, war unglaublich. Sofort wusste man, man ist im Meer. Das Boot schwankte und schlingerte und auf einmal fühlte man sich klein und dem Meer in einer Nussschale ausgeliefert. Wir umrundeten ein Schiffswrack, das dort seit Jahren liegt und kehrten wieder  in die sichere Schiffspassage des Sulinaarmes zurück. 

Mündung der Donau am Sulinaarm (Backbordseite)
altes Schiffswrack, das wir umrundeten

Nach diesem Erlebnis konnten wir noch ein Stunde am Sulinastrand im Schwarzen Meer baden und alkoholfreien Cooler trinken

Die Rückfahrt von Sulina nach Tulcea verlief dann monoton. Jeder hing seinen Gedanken nach, schaute sich die Bilder des Tages an oder schlief. Unterbrochen wurde die Eintönigkeit nur, wenn Boote entgegen kamen, deren Wellen wir abreiten mussten.

Um Punkt 20:00 Uhr waren wir dann angelandet und schaukelten in die Pension.

Reisegedanken Donaudelta

Das Donaudelta ist eine unglaubliche Landschaft. Gerne würden wir noch einmal wieder kommen und die vielen Kanäle mit dem Faltboot oder Kajak erkunden. Ich kann mir vorstellen, dass es nicht ratsam ist, die Kanäle zu befahren, die auch die Touristenschnellboote nehmen, hier sollte man sich besser erkundigen. 

Es muss herrlich sein, mit einem Boot ohne Motor die Kanäle entlang zu gleiten, nur begleitet von den Vögeln, den Lauten der Tiere und wahrscheinlich unzähligen Mücken.

Wenn ich es richtig verstanden habe, dürfen zur Zeit (Der obere Arm ist der Grenzfluss zu Ukraine) keine Ausländer alleine im Donaudelta mit dem Boot unterwegs sein. Die Paddler, die wir gesehen haben, hatten sich wahrscheinlich Boote in der Ortschaft Mila23 ausgeliehen, jedenfalls trafen wir sie dort.

Einen wundervollen Überblick haben wir aber auf der Tour bekommen und der macht Lust auf mehr.

Abschied aus Tulcea 

Zum Abschluss bekamen wir Gelegenheit, mit unserer Pensionswirtin ein längeres Gespräch zu führen.Wir tranken zusammen Bier und tauschten uns aus.  Sie war nicht gut auf die rumänische Politik zu sprechen. Sie muss unzählige Steuern zahlen und hat am Ende kaum etwas für sich in der Tasche. Ihr fiel auf, dass mittlerweile viele ältere Menschen betteln gehen oder Flaschen sammeln weil die Rente nicht reicht. Sie beklagt v.  a. die Korruption und die Steuern, die willkürlich immer weiter hoch gesetzt werden, aber nicht zum Wohle der Allgemeinheit eingesetzt werden (z. B. für den Straßenbau, Studiengebühren u. ä.). Sie möchte nach Kanada oder England auswandern, wenn die Kinder alle ihr Studium (das sie auch bezahlen muss) beendet haben. Das erinnert mich an die Diskussionen in Deutschland, ich kann mir aber vorstellen, dass die politische Willkür v.  a. in den örtlichen Ämtern in Rumänien noch ein Zacken schärfer ist. 

Wir verabschiedeten uns aus Tulcea mit einem Zouk auf der Promenade und dem Gedanken, dass das Thema Donau nun für diese Reise einen würdigen Abschluss gefunden hat.




Abschiedszouk auf der Promende










Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen