Burgen, Berge und Meer
Burg Bran
Die sogenannte Dracula-Burg Bran ist ein Touristen Hotspot in Rumänien. Die Burg Bran wurde im 14. Jahrhundert von den Sachsen an der historischen Grenze zwischen Siebenbürgen und der Walachei erbaut und wird heute als Heimat der Titelfigur in Bram Stokers Dracula vermarktet. Allerdings gibt es keinen Beweis dafür, dass Stoker überhaupt von dieser Burg wusste... klassische Touristenfalle, aber auf jeden Fall schön anzusehen und einen Besuch wert.
Man kann eine teure Ganztagestour mit Führung und allerlei Zusatzprogrammen buchen oder sie auf eigene Faust erkunden. Ines hatte uns erst einmal ein normales Eintritts-Ticket gebucht (für 15 EUR pro Person - bei Booking.com begannen die Tickets bei >21 EURO pro Person). Für die Hin- und Rückfahrt hat Ines einen normalen Bus von Brasov nach Bran und zurück gefunden, der alle Stunde fahren sollte. (Hin und Rückfahrt für 2,50 EUR pro Person). Alles ist super gelaufen und um es vorweg zu nehmen, die Burg hat uns beiden sehr gut gefallen. Das Horror-und Dracula Thema war auf das Notwendigste reduziert und es ging in den Räumen und Tafeln mehr um die rumänische Geschichte und um die letzte dort residierende Königin Maria von Rumänien. (Maria von Rumänien wurde am 6. Januar 1900 als Prinzessin Marie von Hohenzollern-Sigmaringen in Gotha geboren.)
Die Burg hat eine wechselhafte Geschichte hinter sich. Wir konnten einmal durch die Burg gehen, sie war eng und sehr gemütlich. Wenn man auf einer Burg mal leben möchte, dann wäre eine Solche genau richtig...
Um die Burg herum hat sich jedoch eine riesige Touristen Industrie angesiedelt. In dem Ort Bran gibt es v. a. Hotels der Extraklasse, bis man zum Kassenhäuschen gelangt, muss man an einer Vielzahl von Souvenir-Ständen vorbeigehen, mit kleinen Kindern möchte ich dort nicht warten. Thema Warten: Wir mussten überhaupt nicht warten. Es war mitten in der Woche (Donnerstag), früher Nachmittag, also beste Zeit für uns.
Rundherum erstreckt sich auch ein kleiner schöner Park mit wahrscheinlich vielen kulturellen Angeboten im Sommer.
Unser Bus für die Rückreise fuhr zwar gerade ab, als wir am Stop ankamen, aber ein Baumstriezel (ungarisch Kürtőskalács („Schornsteinkuchen“), rumänisch Colac secuiesc oder Cozonac secuiesc) in der Tüte sollte uns die Wartezeit versüßen.
An der Haltestelle (die nicht einmal mit einem blauen Bus-Zeichen gekennzeichnet war), warteten auch zwei Mitreisende, die wir bereits auf der Hinfahrt im Bus gesehen hatten und die sich als Ägypter vorstellten sowie eine Gruppe von 5 Lehrern aus Kolumbien (von Mathe bis Philosophie). Es entstand ein herrlich internationaler Austausch: Wo kommst Du her, was machst Du, warst Du schon da und dort? Die 5 Kolumbianer machen wohl 2x im Jahr eine Ferientour gemeinsam durch die Welt und waren natürlich auch schon in Dresden. Der jüngere Ägypter wohnt in Rumänien (in Fagaras) und hatte seinen Onkel zu Besuch. Wir konnten uns mit unseren Kolumbien-Kenntnissen einbringen, ließen aber Ortskenntnisse aus Ägypten vermissen.
Zurück in Brasov machten wir uns dann reisefertig für die Karpaten.
Irgendwo zwischen Brasov und Foksani: 5 Tage in den Karpaten
Wir machten uns nun zu dem B&B Casa Lidia (geführt von Donna Lidia, siehe letzter Post) in einem kleinen Dorf inmitten der Karpatan auf. Dort wollten wir 5 Tage bleiben, ausruhen und wandern. Vorteil: Man ist raus aus den großen Städten, Nachteil: Man ist raus aus den großen Städten mit Einkaufsmöglichkeiten und Restaurants um die Ecke, Bus- und Uber- Transportmöglichkeiten, aber in der Pension gab es Frühstück und Ines Freundin versicherte uns, dass uns ihre Mutter auch Abendbrot machen würde und uns gerne in allem behilflich sein würde, für das wir ein Auto benötigten.
Auf dem Weg dorthin fiel uns auf, dass fast in jedem Dorf unzählige Störche brüteten und die Nester zumeist mit drei Störchen besetzt waren.
Wir wussten auch, dass es Bären und Wölfe in Rumänien gibt und wir hatten von Anfang an Respekt. Auf der Fahrt in die Karpaten, nach Lepsa hielt der Mikrobus (8 Personen) plötzlich an. Erst dachten wir, es wäre ein Unfall auf der gegenüberliegenden Seite, dann sahen wir einen Braunbären an der Leitplanke herumlungern. Kurz vorher bekam Ines eine Bärenwarnung auf das Handy . Später lasen wir, dass es immer mehr Bären an die Straßen zieht, da Autofahrer sie aus dem Auto heraus füttern. Das ist in mehrerer Hinsicht gefährlich und verwerflich. 1. Die Bären verlieren die Scheu vor Menschen, was 2. ziemlich gefährlich für die Wanderer ist, und 3. ist es bestimmt nicht gesund für die Bären, was Ihnen da aus dem Auto heraus zugeworfen wird.
Die Aufgabe unserer Selbständigkeit begann schon mit der Anreise, denn Donna Lidia musste uns vom Bus-Stop abholen, da die Pension zu weit entfernt lag. Wir wurden wie Freunde mit einer kräftigen Umarmung begrüßt und herzlich aufgenommen.
Die Pension lag am Berghang und mit uns kam noch eine große Familie, die sich als langjährige Freunde oder Gäste herausstellte. Donna Lidia konnte kein Englisch und wir kein Rumänisch und so haben wir 5 Tage lang mit dem Google-Simultan-Sprach-Übersetzer mehr oder weniger gut gearbeitet.
Gleich am ersten Abend kamen wir mit Händen und Füßen und dem eben genannten Google-Übersetzer ins Gespräch, später kam noch der Sohn der Gastfamilie dazu, der Englisch sprach, was uns in diesem Moment wie unsere Muttersprache erschien ;-) Der Sohn arbeitet bei der Marine und konnte uns beruhigen, dass wir auf jeden Fall ins Donaudelta fahren können. Der Vater war sehr stolz auf seine Enkelin und führte sie abends zu den Kühen. Wir bekamen viele Tipps, was wir uns unbedingt noch in Rumänien anschauen sollten und wir versprachen wieder zu kommen.
Donna Lidia empfahl uns eine Wanderung im Naturpark Cheile Tisitei. Die Route, die durch das Naturschutzgebiet Cheile Tișiței führt, ist die Hauptattraktion im Vrancei-Gebirge. Der Eingang zum Reservat erfolgt durch ein traditionelles Tor an der Stelle namens „Gura Tișita“, eine direkte Anspielung auf den Zusammenfluss der Gewässer von Tișita mit Putna, und verläuft sieben Kilometer flussaufwärts bis zum „Großen Tunnel“. Die Route ist mit einem Höhenunterschied von 200 Metern leicht zu bewältigen und führt immer am Fluss entlang, auf den wir die ganze Zeit sehnsüchtig bei der Hitze schielten und es dann einfach nicht mehr aushielten und uns hineinlegten.
Cheile Tișiței
Für uns war es v. a. wichtig, eine bärensichere Naturwanderung durchführen zu können. Der Weg folgt einer ehemaligen Forststraße, die durch die Überschwemmungen im Jahr 2005 weitgehend zerstört wurde und die wiederum an der Stelle einer ehemaligen Forstbahn aus dem frühen 20. Jahrhundert errichtet wurde. Deutsche Ingenieure haben hier Brücken und Tunnel gebaut. Die Hauptattraktion war für mich ein 200 Meter langer, nur durch unsere Handys zu beleuchtender Tunnel aus 19hundertX.
Donna Lidia musste uns auch hier zum Eingang bringen und wieder abholen. Einen Bus zu nehmen, der unserer Meinung nach Google um 13:00 Uhr Hin- und um 18:00 Uhr zurückgefahren wäre, war für Donna Lidia keine Option.
Die Wanderung selbst war fantastisch. Gut ausgeschildert, abenteuerlich (teilweise kurze Kletterstellen und größtenteils beschattet und wie oben bereits bemerkt mit vielen Möglichkeiten, sich in den Fluss zu legen. Bären haben wir keine gesehen und fühlten uns zwischen den vielen anderen Wanderern, die uns entgegenkamen, oder die uns überholten, auch recht sicher vor Bären.
Aufgrund der Hitze nahmen wir am Montag noch einmal die Gelegenheit wahr, diesmal einen ganzen Tag im Fluss zu baden.
Das Highlight war dann der letzte Tag, an dem Donna Lidia sich einen ganzen Tag Zeit genommen hat, uns die Gegend zu zeigen. Wir gingen zunächst davon aus, dass sie uns einige Stellen zeigen möchte und wir 1-2 Stunden unterwegs sein werden, so hieß es. Es wurden dann fast 6 Stunden und wir haben eine fantastische Runde von fast 80 km gedreht, haben an Spots gehalten, an denen man einen 360°-Blick über die Karpaten hatte, haben ein Kloster besucht, viel über die Geschichte Rumäniens kennengelernt, sind wilde Straßen entlang geholpert, haben Dörfer kennengelernt, die nur selten ein Tourist besuchen wird, haben 10 Liter Palinka (Obstbrand) abgeholt und immer wieder an Quellen herrliches frisches Wasser aufgefüllt.
Casa Babei Vrâncioaia:
zurück in Brasov
Nach Brasov wollten wir auch zurück, weil wir am Freitagabend tanzen wollten. Diesmal kein Zouk, sondern die 5-Rhythmen, die wir auch in Dresden tanzen. Laut Internet gab es eine Gruppe in Brasov , zu der ich auch schon Kontakt aufgenommen hatte.
Das Tanzen war schön und sehr persönlich, da wir nur 6 Personen waren. Bei der Abschlussrunde eröffnete eine Mittänzerin, die sich sehr zurückgehalten hatte, dass sie schwanger sei und zum ersten Mal intensiven Kontakt zum Kind gespürt hatte. Ein sehr berührender Augenblick.
Ansonsten hatten wir viel Zeit und haben die Stadt noch ein wenig genossen, unternahmen einen Rundgang entlang der alten Stadtmauern inklusive Aussichten vom Weißen und vom Schwarzen Turm, schrieben Blog und Grüße nach Hause, wuschen Wäsche, planten die Weiterreise etc. ...
Blick vom Schwarzen Turm auf Brasov
Am nächsten Tag (06.Juli 24) ging es dann nach Constanza, an das Schwarzmeer. Die Strecke bewältigten wir mit dem Zug, vorbei am eindrucksvollen Bucegi-Massiv.
Nachtrag: Anke schickte mir am 11. Juli eine aktuelle Pressemitteilung über den Tod einer jungen Touristin, die im o. g. Massiv von einem jungen Braunbären getötet wurde:
https://www.tagesschau.de/ausland/europa/rumanien-braunbar-touristin-100.html
Auch hier noch einmal die eindringliche Warnung, keine Bären zu füttern, denn normalerweise sind diese dem Menschen gegenüber scheu und greifen nur bei Gefahr an.
Constanta/Schwarzmeerküste
Ines und ich waren das erste Mal am Schwarzen Meer. Unsere Unterkunft lag 400 Meter vom Strand entfernt und so war das Ziel für den ersten Abend und den ganzen nächsten Tag klar.
Das Schwarze Meer ist ein Binnenmeer, das über den Bosporus und die Dardanellen mit dem östlichen Mittelmeer verbunden ist. Es ist bis zu 2212 Meter tief, also nicht zu vergleichen mit den Ausmaßen von Ostsee oder Nordsee und auf keinen Fall hat man das Gefühl, an einem Binnenmeer zu stehen...
Das Wasser war warm, mittel salzig und leider an dieser Stelle mit Algen (Meersalat und Rotalgen). Die haben den Badespaß in den teilweise hohen Wellen jedoch in keinster Weise getrübt. Aufgrund der hohen UV-Strahlung und unserer noch bleichen Haut haben Ines und ich zum ersten Mal eine Liege (jeweils) unter einem Sonnenschirm ausgeliehen und dort den ganzen Tag entweder im Schatten oder im Wasser verbracht. Weil es so schön war, haben wir gleich um zwei Tage verlängert, bevor es in das Donaudelta gehen sollte.
Reisegedanken zum Thema Krieg: Nähe zur Ukraine
So nah an der Grenze zur Ukraine kommen einem unweigerlich Gedanken zum aktuellen Krieg. Wir haben ein unbeschwertes Leben, baden im Meer, tanzen, müssen ein Jahr lang nicht arbeiten und können machen, was wir wollen und nur ein paar Kilometer weiter verlieren Menschen ihre gesamte Existenz, ihre Liebsten oder sind unsicher ob der Mann, der Sohn, die Enkel wieder gesund von der Front nach Hause kommen. Wir hatten überlegt, ob wir überhaupt nach Tulcea fahren, so nah an der Grenze zur Ukraine. Es gab einen Bericht, dass russische Drohnen auf rumänischer Seite abgestürzt seien (März/April dieses Jahres), zum Glück auf einem unbewohnten Feld. Ziel war Ismajil, eine ukrainische Hafenstadt im nördlichen Donauarm.
Zu Beginn des Urlaubes bekam ich auch am Rande mit, dass die Nato demnächst hier ihren größten Luftwaffenstützpunkt bauen wird (ursprüngliche Meldung vom März diesen Jahres), dann fahren wir plötzlich auf dem Weg von Constanza nach Tulcea an einem endlosen Militär-Zaun entlang, bzw. ist dieser gerade im Bau befindlich. Die eingezäunte Fläche ist riesig (28 ha), das entspricht ca. 40.000 Fußballfeldern. Wir konnten natürlich die Fläche nicht überblicken, wir fuhren nur gefühlt endlose Kilometer (konkret waren es 5 km) an dem im Bau befindlichen Zaun entlang und sahen die Ausmaße in der Fläche bei Google-Maps.
Der Krieg ist aber auch hier, so nah an der Grenze, nicht vorstellbar. Die Leute leben, lachen, die Jugend flaniert auf den Promenaden, Autos mit ukrainischen Nummernschildern stehen genauso am Strand wie rumänische oder deutsche Autos.
Ansonsten fuhren wir auf dem Weg von Constanza nach Tulcea, dem Tor zum Donaudelta, an endlosen Getreidefeldern, unzähligen Getreidesilos und Sonnenblumenfeldern vorbei. Man bekam eine Vorstellung davon, warum weiter nördlich die Ukraine als Kornkammer Europas bezeichnet wird.
Reisegedanken zum Thema Austausch
Schön sind alltägliche Begegnungen mit Leuten aus Nah und Fern. Ob im Hostel, in der Pension oder an der Bushaltestelle. Die kurzen Gespräche hinterlassen ein tiefes Gefühl und waren bisher ausnahmslos freundlich. Im Bus sprach uns eine Frau auf Deutsch an, sie sprach davon, dass sie beim großen Erdbeben von Bukarest 1977 (mit einer Stärke von 7,2 auf der Richterskala das bis heute stärkste Erdbeben in Europa) nur deshalb mit dem Leben davon kam, weil sie an diesem Tag die Uni geschwänzt hatte. Sie wünschte uns eine schöne Reise und ein schönes Leben. Mit einem Opa habe ich zusammen Enkelinnen-Fotos auf dem Handy angeschaut, von Donna Lidia lernten wir viel über das Leben in der Vrancea Region, im Hostel in Brasov tranken wir Palinka mit drei Arbeitern aus Buzau und sprachen über Politik und den Verkauf rumänischer Wälder an Österreichische Unternehmen, an der Bushaltestelle feixten wir mit Kolumbianern und Ägyptern, auf Instagram verfolgen wir weiter die Reise von dem Schweizer Reto, den wir im Hostel in Timisoara kennengelernt hatten.
Ines: Für mich am berührendsten war ein Satz, den der junge Familienvater (Gast in der Casa Lidia) zum Abschied zu uns sagte: "Life is beautiful".
Auf Instagram und Facebook liken weiterhin Menschen, die ich vor 7 Jahren in Südamerika getroffen habe und deren weiteren Lebensweg ich ebenfalls blitzlichtartig verfolge, meine Posts.
Ob der Mann, der uns am Strand die Liege ausleiht, der Mikrobus-Fahrer oder der Arbeiter im Hostel, alle waren schon einmal für wenige Tage, Monate oder einige Jahre in Deutschland arbeiten. Meistens in Mannheim, Köln, Stuttgart, Düsseldorf, etc. , Dresden kennen nicht alle.
Solche und viele, viele weitere kleine Begegnungen lassen einen tiefer in das Land eintauchen und machen das Reisen persönlicher und individueller. Man bekommt ein anderes Gefühl für das Leben in einem Land, wenn man per Bus und Bahn reist.
Ausblick: Das Donaudelta und die Mündung der Donau in das Schwarze Meer waren so eindrucksvoll, dass sie einen eigenen Post bekommen werden.
Bis Bald...











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